Interview mit Jan Hinrichsen, Architekt und Bauleiter unserer neuen Lernlandschaft
Am letzten Schultag des Kalenderjahres 2023 packten alle Oberstufenschüler*innen fleißig mit an und brachten Tische, Stühle, Mülleimer und Putzutensilien in die zuvor bereitgestellten Container: Der Startschuss für die aktive Umbauphase unseres Altbaus war gefallen. Nun, etwas über ein Jahr später, lassen sich, wie hier auf der Homepage in den letzten Wochen des vergangenen Jahres anhand des Adventskalenders gezeigt wurde, die ersten Ergebnisse der langen Planungsphase begutachten. An unserer Schule entsteht eine neue Lernlandschaft mit einem eigenen, neuen didaktischen Konzept. Wir, das Team der Homepage, haben uns mit Jan Hinrichsen, Architekt und Bauleiter dieses Umbaus, unterhalten.
Homepage: Moin Herr Hinrichsen. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Gespräch über den Umbau genommen haben.
Herr Hinrichsen: Hallo, sehr gerne!
Homepage: Uns brennt natürlich die Frage unter den Nägeln, ob wir mit dem Umbau im Zeitplan liegen? Oder müssen wir uns auf große Verschiebungen einstellen?
Herr Hinrichsen: Soweit liegen wir gut im Zeitplan! Der Trockenestrich wurde in beiden Stockwerken bis zu den Weihnachtsferien verlegt. Die neuen Möbel werden wohl im Mai oder Juni kommen. Bis jetzt liegen wir also gut im Zeitplan.
Homepage: Das hört sich gut an! Welche Phase des Projektes hat Sie mehr begeistert? Die Planungsphase oder die Umsetzungsphase?
Herr Hinrichsen: Das ist eine schwierige Frage. Generell ist es sehr bereichernd, einmal ein Projekt durch beide Phasen begleiten zu dürfen. Mir hat die Planungsphase etwas mehr Spaß gemacht. Das Berufsfeld des Architekten ist sehr vielseitig. Der Anspruch an das eigene Design ist hoch, es soll funktional, aber auch ästhetisch ansprechend sein. Die Umsetzungsphase ist auch spannend, aber auch anstrengender. Als Bauleiter ist man sehr detailverliebt und muss viel organisieren und managen. Die Koordination der verschiedenen Firmen ist anspruchsvoll und durchaus zeitintensiv. Aber wie gesagt, es ist echt spannend, einmal beide Prozesse komplett durchführen zu dürfen.
Homepage: Und wie erkennt man, dass ein Projekt gelungen ist?
Herr Hinrichsen: Das sieht man in dem Moment, in dem der letztendliche Nutzer zufrieden ist. Die Bestätigung für den Architekten liegt darin, zu sehen, dass die Personengruppe, für die etwas entworfen wurde, durch die Räumlichkeiten geht und feststellt, dass es dort schön ist und man sich gern dort aufhalten möchte. Die Zufriedenheit der Nutzer ist für mich bei allen Projekten das eigentliche Ziel und krönte den gesamten Entstehungsprozess.
Homepage: Und aus genau diesem Grund, waren ja die späteren Nutzer auch von Anfang an in den Prozess integriert, wenn wir das richtig verstanden haben?
Herr Hinrichsen: Genau! Das begann alles in der sogenannten Leistungsphase 0. Hier haben wir zusammen mit den Schülerinnen und Schülern in Workshops erarbeitet, was wir eigentlich brauchen. Das war für uns vom Architekturbüro eine ganz wichtige Phase. Diese Entwicklung der Flächen mit den Schülerinnen und Schülern zusammen hat uns im Grunde vorgegeben, was wir für ein erfolgreiches Endergebnis beachten müssen. Die Schülerschaft war dabei sehr aktiv, auch einige Lehrkräfte waren in den Prozess eingebunden. In dieser Phase haben wir erstmals festgestellt, was hier eigentlich genau passieren soll.
Homepage: Ein interessanter Aspekt ist ja auch, dass es sich im Grunde um eine Brandschutzsanierung handelt und die Außenwände sowie die Grundfläche der Stockwerke nicht verändert werden konnten. Ist es für einen Architekten einfacher, ein komplett neues Gebäude zu entwerfen, oder ist es einfacher, eine bestehende Fläche umzustrukturieren?
Herr Hinrichsen: Beides hat so seine Vor- und Nachteile. Ein kompletter Neubau ist eine große Herausforderung, besonders in der Planung. Man muss jedes Detail beachten, viele Möglichkeiten durchspielen. Das war hier anders. Das Gerüst oder die Hülle war vorgegeben. Dadurch erhält man einen Rahmen. So gibt es auch tragende Säulen auf den nun freiwerdenden Flächen, die wir nicht einfach wegnehmen konnten. Man hat aber natürlich trotzdem Gestaltungsfreiräume. So waren die Decken früher abgehängt und in etwa nur 3m hoch. Dadurch wirkten die Räume dunkel und eng. Wir haben die Deckenabhängung nun rausgenommen. Dadurch wurde der Blick frei auf tragende Deckenrippen, die in etwa 3,70m hoch sind. Die eigentliche Decke ist noch höher. Dadurch gewinnen wir viel Licht, viel mehr Volumen, auch einfach mehr Luft. Das befreit total und hat die Fläche sehr bereichert. Darüber hinaus haben wir Oberlichter installiert, die für mehr Tageslicht sorgen. Die Rippen der Deckenkonstruktion werden sichtbar bleiben, da zeigen wir also nun die Bauweise, was auch dazu einlädt, darüber nachzudenken, wie Architektur und Statik eigentlich funktionieren. Im Lehrerbereich der Stockwerke muss die Decke wiederum abgehängt bleiben, hier mussten wir ein paar Leitungen und Technik verstecken. Ein Umbau hat also Vorteile, aber auch so einige Herausforderungen aufzubieten. Beispielsweise mussten wir ja gewährleisten, dass das Erdgeschoss trotz unserer Baumaßnahmen weiter im Betrieb war. Während oben entkernt und neu aufgebaut wurde, wurde unten Unterricht vorbereitet, der Schulalltag organisiert, wichtige Gespräche geführt und so weiter. Das war nicht immer einfach.
Homepage: Ja, an die Zeit erinnern wir uns auch noch gut. Wieso aber der ganze Aufwand? Was ist eigentlich so – provokativ gefragt – „ätzend" an klassischen Schulen?
Herr Hinrichsen: Also erst einmal handelt es sich ja um eine Baumaßnahme zur Umsetzung der Brandschutzverordnung. Aber die hat natürlich gewisse Spielräume eröffnet. „Klassische Schulen" habe oft eingefahrene, hierarchische Strukturen, die sich auch in den Räumen und in der Raumaufteilung widerspiegeln. Man assoziiert damit Frontalunterricht, eine gewisse Strenge und einfach auch eine gewisse Form von Unfreiheit. Es bleiben den Schüler*innen wenig Freiräume. Dazu verschenken „klassische Schulen" ziemlich viel Platz, den man zum Lernen benutzen könnte, an Flure. Die Flure liegen während der Unterrichtsstunden meist verwaist vor, der Platz wird nur genutzt, um Menschengruppen von A nach B in den Pausen wandern zu lassen. Das wollten wir vermeiden. Unser Entwurf und die Umsetzung bieten den Schüler*innen mehr Entscheidungsmöglichkeiten. Sie wählen den Ort und die Umgebung, an der sie am besten arbeiten können, sei es der Stillarbeitsbereich, das kooperative Work-Café, ein Gruppen- oder Stehtisch oder eine bequeme Sitzmöglichkeit. Wir werden auch Sitzmöglichkeiten einmal um die gesamte Fensterfront herum schaffen, so dass Schüler*innen mit echten Tageslicht arbeiten können, wenn sie dies wünschen. Diese Freiräume führen unserer Annahme nach bei den Schüler*innen zu einer gesteigerten Motivation, aber auch zu einer größeren Selbstverantwortung für ihren Lernerfolg. Ohne Frage müssen neue Spielregeln für das Arbeiten auf dieser Lernlandschaft erarbeitet und etabliert werden. Weitere Modernisierungsaspekte, die wir umsetzen konnten, betreffen die Inklusion. Es wird nun ein barrierefreies WC und einen Aufzug in die beiden Stockwerke geben.
Homepage: Es handelt sich also nicht nur um einen räumlichen Umbau, auch der Unterricht wird sich wohl verändern. Eine letzte Frage haben wir noch an Sie: Wo würden wir Sie denn als Schüler am häufigsten in der neuen Lernlandschaft antreffen?
Herr Hinrichsen: Hm, da muss ich einen Moment nachdenken. Das kommt sicherlich auch auf die jeweilige Aufgabenstellung an. Generell finde ich den offenen Bereich, also das Work Café, schon sehr charmant. Da würde ich mich sicher wohlfühlen.
Homepage: Herr Hinrichsen, vielen Dank für Ihre Zeit, für das Interview und für die Planung- und Umsetzung des räumlichen/baulichen Teils unserer neuen Lernlandschaften.
Herr Hinrichsen: Sehr gerne. Ich wünsche allen viel Freude am neuen alten Gebäude!
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